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Bindungsblog

für eine bindungs- und bedürfnisorientierte Erziehung

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Verbinden statt schimpfen

Hier sitze ich nun, in meinem Zimmer. Ich habe einen richtig blöden Tag: in der Schule haben wir eine Arbeit geschrieben, mit der ich nicht gerechnet habe und auf die ich deshalb auch nicht vorbereitet war. Und das ausgerechnet in Englisch, wo ich sowieso so mies bin. Beim Abgeben hat der Lehrer nur die Augenbrauen hochgezogen, als er mein Blatt gesehen hat. Dann habe ich mich mit meiner besten Freundin gestritten. Seit einigen Tagen geht sie in den Pausen immer zu Lissy und ihrer Clique und ich stehe alleine doof rum. Heute habe ich sie darauf angesprochen und sie hat ziemlich deutlich klargemacht, dass sie lieber mit denen abhängt als mit mir. Das tut so weh! Die Tränen habe ich tapfer heruntergeschluckt und versucht, den Tag irgendwie rumzubringen. Zuhause, als Mama heimkam, ist es aus mir rausgebrochen: „Diese sch*** Schule, ich geh da nie mehr hin!“ Dabei hab‘ ich auch einmal mit dem Fuß gegen die Tür getreten. Ich dachte, ich kann mich bei Mama ausheulen und sie tröstet mich. Stattdessen sind ihre Augen ganz eng und ihr Mund ganz schmal geworden und sie ist laut geworden: „Solche Worte will ich in meinem Haus nicht hören! Als Christen sagen wir so etwas nicht, das sind schmutzige Worte! Wirklich Paula, du solltest mal meine Sorgen haben, dann weißt du, was echte Probleme sind! Geh jetzt bitte auf dein Zimmer und denk‘ mal über deine Wortwahl und dein Verhalten in letzter Zeit nach!“ Und hier sitze ich nun und kann nicht mal mehr heulen über all die Ungerechtigkeit und die doofen Dinge, die mir heute widerfahren sind. Warum versteht mich keiner?? (Paula, 13)


Ein neuer Blick

Um Kindern in ihrer Gefühlswelt wirklich helfen zu können, ist der Blick der Eltern entscheidend. Die Brille, mit der ich das Kind sehe, wird darüber entscheiden, wie ich mit ihm umgehe und ihm in seiner Not helfen kann.

Sehe ich ein Kind, das unhöflich, undankbar, ungezogen, egoistisch ist und nicht regelkonform handelt?

Oder sehe ich ein unreifes Kind, das mit seinen Gefühlen überfordert ist, Unterstützung benötigt, das zu verarbeiten, was vorgefallen ist, sich nicht gesehen fühlt?


Blick: Das ungezogene Kind

Eltern können zu Disziplinierungsmaßnahmen greifen, um negatives Verhalten zu stoppen. Dazu zählen Schimpfen, Drohen, Strafen, Demütigen, Beschämen. Dies sind Maßnahmen, die im Umgang mit Kinder häufig als „normal“ angesehen werden und akzeptiert sind. Doch sind dies alles Handlungen, die einen Riss in der Bindung zwischen Eltern und Kinder verursachen, da sie die Gefühle von Kindern verletzen. Diese emotionalen Verletzungen werden im Hirn wie physischer Schmerz wahrgenommen und dies hat langfristig viele Auswirkungen auf die emotionale und psychische Entwicklung von Kindern.

Im obigen Beispiel wurde nur das von außen sichtbare Verhalten gemaßregelt. Die Enttäuschung, Wut, Verletzung des Kindes, die die Ursache dieses sichtbaren Verhaltens sind, wurden von der Mutter beschämt und klein gemacht. Dazu kam noch die „geistliche Keule“, mit der dem Kind klargemacht wurde, dass es bei Gott ebenso wichtig ist, sich „christlich“ zu verhalten, egal wie es in einem selbst ausschaut.


Blick: Das unreife Kind

Wenn Eltern allerdings ein unreifes Kind sehen, das auf Co-Regulation und Unterstützung angewiesen ist, dann wird sich das auch im Umgang zeigen. Sie werden hinter das Verhalten schauen wollen, anstatt das Kind von außen passend zu machen. Empathie ist ein Werkzeug in der Elternschaft, das wahre Wunder in Kindern vollbringen kann! Empathie bedeutet, dass wir dem Innenleben des Kindes Worte geben, es verstehen und dann gemeinsam schauen, wie wir ihm helfen können. Denn Kinder verstehen ihr inneres Chaos häufig selbst nicht und brauchen ein Gegenüber, das sie anleitet, so dass sie später als Erwachsene einen gesunden Zugang zu ihren Gefühlen und den Umgang damit gelernt haben.

Paula hätte ein offenes Ohr für ihren Frust und ihre Enttäuschung gebraucht. Ihre Gefühle sind echt, auch wenn uns Eltern die Ursachen dieser Gefühle manchmal unbedeutend vorkommen. Die Mutter würde so Unterstützung geben, damit das Kind das ausdrücken und verarbeiten kann, was vorgefallen ist. So schenkt sie einen geschützten Raum, wo Paula Tränen vergießen kann über all die gefühlte Ungerechtigkeit. Auf diese Weise würde Ruhe in das Kinderherz kommen und problematisches Verhalten aufhören.

So unterschiedlich, wie die Situationen sind, können die Strategien sein. Doch ein Prinzip bleibt: Wir wollen uns mit unserem Kind verbinden. Bindung ist die größte Kraft im zwischenmenschlichen Zusammenleben. Ein Super-Kleber, der Kinder dazu bringt, ihren Eltern zu folgen. Deshalb ist es so wichtig, gerade wenn problematische Verhaltensweisen auftreten, dem Kind immer zu vermitteln: Dein Verhalten ist gerade nicht in Ordnung, doch dich liebe ich und nichts kann uns voneinander trennen. Diese Gewissheit und Unterstützung brauchen Kleinkinder, Schulkinder und Teenager, denn sie sind alle mitten im Reifeprozess.


Erziehung und Erlösung

Jesus zeigt uns durch die Art und Weise, wie er uns erlöst und heiligt, wie wir Erziehung leben dürfen. Denn er spricht uns unheimlich viel Wert zu:

„Wer euch antastet, der tastet meinen Augapfel an.“ Sacharja 2,12

Dieser Augapfel ist empfindlich, so auch die uns anvertrauten Kinderherzen. Sie wollen das Gute, wollen uns nachfolgen, nur scheitern sie immer wieder aufgrund ihrer Unreife. So ähnlich hat Paulus den inneren Kampf in Römer 7,19 beschrieben:


„Ich will eigentlich Gutes tun und tue doch das Schlechte; ich verabscheue das Böse, aber ich tue es dennoch.“

Die Lösung für dieses Dilemma ist so unglaublich, weil sie aus Gnade, voller Hingabe und Geduld geschieht:


„Ich unglückseliger Mensch! Wer wird mich jemals aus dieser tödlichen Gefangenschaft befreien? Gott sei Dank! Durch unseren Herrn Jesus Christus bin ich bereits befreit.“ (Röm 7,24.25)

Von Jesus bekommen wir alle Unterstützung, die wir brauchen, um aus unseren sündigen Verhaltensweisen hinauszuwachsen. Er ist der, der unsere Schwäche mit Stärke ausgleicht, unsere Verfehlung mit seiner Gerechtigkeit, unsere Schuld mit Vergebung, unsere Scham mit Würde. Das dürfen wir auch mit unseren Kindern leben und uns gerade in herausfordernden Situationen verbinden, anstatt zu schimpfen. Denn alleine Liebe verändert Menschen von innen heraus.

 

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